1. Mein Mann muss beim Essen und Trinken immer husten und hat so einen komischen Stimmklang. Sind das Zeichen einer Schluckstörung?
Ja. Sowohl das Husten oder Räuspern als auch der feucht gurgelnde Stimmklang („wet voice“ genannt) entstehen durch Eindringen von Speichel oder Nahrungsbestandteilen in den Kehlkopf/auf die Stimmlippen. Die Schleimhaut in diesem Bereich und die dort befindlichen Stimmlippen tolerieren diese Eindringlinge nicht und im besten Falle wird ein Hustenstoß ausgelöst, der als Schutzmechanismus fungiert und alles wieder herausbefördert.
Bei schweren neurologischen Schädigungen (z.B. nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma) kann diese Auslösung des Hustenstoßes allerdings durch Nervenschädigungen gestört sein. Bei solchen Patienten ist zwar nach dem Verschlucken ein feuchter Stimmklang zu hören, aber das reinigende Husten oder Räuspern bleibt aus! Diese Menschen sind besonders anfällig für dadurch entstehende Lungenentzündungen.
2. Mein Mann hat nach seinem Schlaganfall immer so viel Speichel im Mund. Was kann man dagegen tun?
Die Speicheldrüsen eines jeden erwachsenen Menschen produzieren bis zu 1 ½ Liter Speichel pro Tag. Dieser muss fast minütlich in den Magen abgeschluckt werden. Wenn es den Anschein macht, dass zu viel Speichel produziert wird, so ist das meist ein Trugschluss, denn es wird nicht zu viel von den Drüsen hergestellt, sondern der Betroffene kann seinen eigenen Speichel nicht in dem Maße schlucken wie es normal wäre. Es ist also als Zeichen einer massiven Schluckstörung zu werten.
In Absprache mit dem versorgenden Arzt (hier ein Neurologe) kann eventuell die Gabe eines speichelreduzierenden Medikamentes (z.B. Belladonisat©) indiziert sein. Aber es ist nur unter steter medizinischer Betreuung und mit gut eingestellter Dosierung zu verwenden.
3. Nach der Bestrahlung im Kopfbereich habe ich immer so einen trockenen Mund. Ich bekomme keinen Bissen mehr geschluckt. Was nun?
Der Fachausdruck für eine Mundtrockenheit heißt Xerostomie und kommt bei verschiedenen Erkrankungen vor (z.B. M. Sjögren) aber sehr oft natürlich während oder nach Bestrahlungsbehandlungen im Kopf-Halsbereich. Speichel ist aber für die Vorverdauung der Speisen im Mund und als Gleitmittel beim Schlucken sehr wichtig. Auch das Sprechen fällt mit trockener Mundschleimhaut sehr schwer und es muss besonders auf die Hygiene in der Mundhöhle geachtet werden (Infektionsgefahr und Zahnschäden sind möglich).
Beim Essen hilft oft dem >Speisebolus Flüssigkeit beim Kauen hinzuzufügen. Besteht keine >Aspirationsgefahr so kann versucht werden, mit leicht fruchtigsauren Lebensmitteln die Speichelproduktion anzuregen (dazu z.B. ein paar Spritzer Zitronensaft, frischen Ananassaft und etwas Wasser miteinander vermengen und den Mund damit ausspülen). Ein nicht scharfes Frucht- oder Salbeibonbon ist auch oft hilfreich. Ist die Mundschleimhaut allerdings zu stark geschädigt, so entsteht ein Brennen und die Mundschleimhaut sollte nicht mit zu viel Fruchtsäure in Kontakt gebracht werden.
In der Apotheke sind auch rezeptpflichtige „Speichelersatzstoffe“ (z.B. Glandosane©) erhältlich. Sie schmecken aber oft nicht gut und müssen häufig angewendet werden. Hilfreich ist auch ein Medikament zur Anregung der Drüsenfunktionen (Salagen©). Es muss Ihnen von Ihrem Arzt verschrieben werden, wirkt auf viele Drüsen des ganzen Körpers (ggf. harntreibend, verstärktes Schwitzen, etc.) und ist in vielen Fällen der Xerostomie sehr hilfreich.
4. Wie lange muss eine geblockte Kanüle getragen werden?
So lange die Schluckstörung noch so massiv ist, dass der eigene Speichel vom Patienten nicht sicher geschluckt werden kann. Innerhalb des therapeutischen Settings ist es aber möglich nach und nach die Kanüle zu entblocken und Schluckübungen mit Speichel oder ggf. kleinsten Mengen ungesüßtem und angedicktem Tee durchzuführen. Diese Entwöhnung von der geblockten Kanüle kann mehrere Wochen, je nach Schweregrad der Schädigung, in Anspruch nehmen. In manchen Fällen muss eine geblockte Kanüle auch zum Schutz des Patienten vor > Aspiration und damit verstärkter Gefahr der Lungenentzündung (>Aspirationspneumonie) dauerhaft belassen werden.
5. Wann kann mit dem Kostaufbau (Essen und Trinken auf normalem Wege begonnen werden)?
Auch hier muss der Patient zunächst in der Lage sein, seinen Speichel sicher und effektiv schlucken zu können. Aber er muss auch wach, ansprechbar und kooperativ sein. Wichtig sind des weiteren die Schutzreflexe (wie Husten und Räuspern), ohne die der Patient in lebensbedrohliche Situationen kommen könnte, wenn er sich verschluckt. Der Hustenstoß muss kräftig genug sein, um falsch geschluckte Nahrungsbestandteile aus den Bronchien, der Luftröhre oder dem Kehlkopf wieder herauszubefördern.
Individuell sollte immer in Absprache mit der betreuenden Logopädin oder dem Arzt die > orale Nahrungsgabe abgesprochen werden.
6. Welche Nahrungskonsistenzen sind am einfachsten zu schlucken?
Das ist immer in Abhängigkeit von der gestörten Schluckphase (> siehe Phasen) und dem individuellen Störungsbild zu sehen. Menschen nach einer Operation im Mundbereich (z.B. nach Entfernung einer Zungenhälfte oder mit einer isolierten Lähmung einer Zungenhälfte) profitieren von Flüssigkeiten, da diese bei einer Haltung des Kopfes nach hinten zum Schlucken in den Rachen befördert werden können. Dabei sollten jedoch alle weiteren Strukturen normal arbeiten und der Schluckreflex zeitgerecht auslösbar sein.
In der Regel aber sind > homogen passierte Nahrungsmittel (z.B. Kartoffelpüree), Pudding oder Gemüsecremesuppen am leichtesten im Mund und beim Schlucken zu kontrollieren. Sie fließen nicht zu schnell den Rachen hinab und bleiben aber auch nicht so schnell im Hals hängen wir z.B. feste oder krümmelige Nahrung (Fleisch, Körnerbrot). Flüssigkeiten sind bei vielen Menschen mit Schluckstörungen (z.B. bei Senioren oder Menschen nach Schlaganfällen) die am schwierigsten zu schluckende Konsistenz. Auch hier gibt es in der Apotheke Hilfe: angeboten werden dort Dickungsmittel auf Maisstärkebasis (z.B. „Thicken up©“von Novartis) , mit denen ohne weiteres kalte und warme Getränke stufenlos angedickt werden können.
7. Wer verschreibt die logopädische Schlucktherapie und wie lange kann sie verordnet werden?
Jeder Arzt (Hausarzt, Neurologe, Hals-Nasen-Ohren-Arzt) kann eine logopädische/ sprachtherapeutische Behandlung verordnen. Dabei müssen diese allerdings nach den Heilmittelrichtlinien der Krankenkassen in bestimmten Abständen festgelegte weiterführende Untersuchungen durchführen oder ggf. in Fachinstituten, Kliniken oder von anderen Fachärzten durchführen lassen. Die Verordnung im Regelfall beträgt 60 Einheiten. Diese Anzahl kann aber durch eine medizinisch begründete Verordnung außerhalb des Regelfalls weiter rezeptiert werden.
8. Wie finde ich den geeigneten Therapeuten?
Die Suche nach einem kompetenten Schlucktherapeuten in Wohnortnähe ist ein sehr schwieriges Unterfangen. Gerade in ländlichen Gebieten ist die Versorgung mit Logopäden oder Sprachtherapeuten noch nicht flächendeckend. Und die die da sind, sind mit dem Störungsbild „Dysphagie“ oft überfordert.
Am besten Sie fragen Ihren betreuenden Arzt, schauen auf die Homepage der Bundesverbände (www.dbs-ev.de oder www.dbl-ev.de ) oder wenden sich vertrauensvoll an uns im Kölner Dysphagiezentrum. Wir sind dabei, vor allem regional, aber mittlerweile auch deutschlandweit ein Therapeutennetzwerk von gut geschulten, kompetenten und vor allem interessierten Therapeuten aufzubauen. Vielleicht können wir Ihnen helfen.